Welcher Ordnungstyp bin ich?

Welcher Ordnungstyp bin ich?

Vorwort

Bei einer Übung im Grundkurs sollte man seinen Platz in der Ordnungslandschaft der Schreibwelt finden, irgendwo zwischen dem intuitiven Drauflos-Schreiber und dem systematischen Ordnungsfanatiker. Folgende Selbstbekenntnis ist mir dabei aus der Feder geflossen.

Welcher Ordnungstyp bin ich?

Wer bekennt sich schon freiwillig als Kleingeist, der krampfhaft (an) Ordnung hält? Ich wäre gern anders, aber um das Chaos zu überblicken, fehlt mir das Geniale. Ordnung und Planung beherrschen alles, was ich tue, vom Einräumen der Spülmaschine bis zum Vorbereiten eines Urlaubs. Planung gibt mir Sicherheit – auch beim Schreiben. Falls ich überhaupt eine Chance habe, brauchbare Texte zu produzieren, dann heißt diese Chance systematisches Vorgehen. Spontanes Schreiben wird für mich wohl immer eine Terra incognita bleiben. Auch mein Gedächtnis will dauernd geordnet werden. Wenn Einfälle und Erinnerungen nicht auf der Stelle schriftlich festgehalten werden, verschwinden sie bald wieder oder verändern sich bis zur Unkenntlichkeit.

Ich wünsche mir nichts sehnlicher als die Fähigkeit, einfach mal beschwingt in die Tasten zu hauen, wobei ein lesenswerter oder zumindest ein zusammenhängender Text entsteht. Vergeblich. Ohne einen Plan weiß ich oft nicht einmal, womit ich anfangen soll, geschweige denn, wie die Geschichte ausgeht. Allerdings ist es nicht so, dass ich mich einfach nur hinsetzen und einen Plan aushecken muss. Erst denke ich über meine Geschichte nach, in allen Einzelheiten. Dann schreibe ich einen Plan, ändere ihn ab, streiche, ergänze, schreibe um, bis mir jede Szene und ihr Platz im Ganzen klar sind. Steht der Plan, mache ich mich an den eigentlichen Text. Dieses Vorgehen stammt noch aus jener Zeit, als ich im Mathematikstudium Computerprogramme schreiben musste. Damals überlegte ich mir bei jedem Programm zuerst das Gesamtkonzept und die Reihenfolge der einzelnen Programmteile. Wenn das grobe Gerüst stand, definierte ich, immer noch im Kopf, einen Teil nach dem anderen, bis ich mir über jeden Rechenschritt sicher war. Erst dann schrieb ich das Ganze auf. Das Ergebnis waren Programme, die im Testlauf nur selten Probleme machten. «Gut geplant ist halb erledigt» wurde zu meinem Motto.

Ja, beim Schreiben ist Planung mein Ein und Alles, ohne sie würde ich in den Untiefen vager Vorstellungen und Gedanken untergehen, bevor ich nur ein einziges Wort zu Papier bringe. Selbst die bisher gelernte einfache Gliederung einer Geschichte in Anfang, Mittelteil und Schluss bringt mich über manch eine Schreibblockade hinweg, die meisten meiner Geschichten sind anhand dieser Gliederung entstanden. Einige Geschichten sträuben sich gegen jeden Gliederungsversuch, und ich muss mich mühsam durch die Planung durchbeißen. Das nimmt mir dann den Mut am Weitermachen. Zum Glück gibt es ab und zu auch andere Geschichten, sie offenbaren mir bereitwillig ihre Struktur und schreiben sich wie von selbst, ich komme kaum nach mit Tippen. Das ist der Flow. Oder die Muse. Oder einfach nur statistische Abweichung, wer weiß. Leider sind solche Erlebnisse selten, wenngleich erbauend. Die Muse lässt sich nicht domestizieren, deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als an meiner bewährten kleingeistlichen Ordnung zu halten.

2 Gedanken zu „Welcher Ordnungstyp bin ich?

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