Meine ersten Leseerlebnisse
Meine Eltern waren selbst fleißige Leser und haben mir das Lesen früh, das heißt im Alter von fünf Jahren, beigebracht. Als Kind las ich viel, und meine andauernde rheumatische Erkrankung, die mich wenn nicht gerade ans Bett, so doch oft an mein Zimmer fesselte, trug dazu entscheidend bei.
Ich kann mich nicht mehr an die ersten Bücher erinnern, die ich gelesen habe, wahrscheinlich waren es politisch korrekte Werke über furchtlose, moralisch einwandfreie Helden und parteitreue Pioniere. Das erste Buch, das mich zutiefst beeindruckte, war Stasnislav Lems „Die Sterntagebücher des Weltraumfahrers Ijon Tichy„, das ich erst mit elf oder zwölf Jahren zufällig in die Finger bekam. Ein Weltraumabenteuer ohne Grenzen, mit Humor geschrieben – das war eine Offenbarung. Dieses Buch formte meine größte Sehnsucht, die Sehnsucht nach den Sternen, und lehrte mich zugleich, dass die Größe nicht zwangsläufig todernst oder tragisch sein muss. Tagelang stolperte ich wie im Schlafwandel durch den Alltag, den Kopf voller ferner Welten und skurriler Lebensformen. Ich versuchte, den Zauber festzuhalten, indem ich selbst einen Weltraum-Roman anfing und sogar das erste Kapitel schrieb. Ich würde jetzt viel dafür geben, dieses Kapitel zu lesen, aber das Schulheft, in dem es stand, ist bei zahlreichen Umzügen verloren gegangen.
Den Sterntagebüchern folgten weitere Romane Lems, später kamen die Roboterwelten Asimovs und die erschreckend tiefgreifenden Fantasien Heinleins hinzu. Science-Fiction-Romane wurden zu einer Art Herz-Lektüre für mich, zum Unterschied von der Kopf-Lektüre weltberühmter Klassiker, zu der mich meine Eltern und Lehrer mehr oder weniger sanft motivierten. Auch heute noch pflege ich eine Erholung für den Geist in fernen Universen zu suchen.
2 Gedanken zu „Meine ersten Leseerlebnisse“
Hallo Luisa Berger,
eine schöne Erinnerung an die eigene Kindheit und du konntest diese im Frieden erleben.Andere,so auch ich,
erlebten die Kindheit im Krieg.Aus den spannenden
S.-F.-Romanen,die du magst,folgten die Filme und
in Zukunft wird einiges davon Wirklichkeit werden.
Lieber Jürgen, das ist wahr. Meine Kindheit verlief wohlbehütet. Es ist mir bewusst, dass Menschen aus deiner Generation ganz anderen Herausforderungen ausgesetzt waren, als der Suche nach guten Büchern. Es ging ums Überleben. Leider trifft es auch heute auf viele Kinder in unserer Welt zu.
Was die S.-F.-Romane und -Filme angeht, so bin ich manchmal verblüfft, wenn ich von den neu entdeckten erdähnlichen Planeten oder den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz lese. Die Themen, die mein Leben lang ins Reich der Fiktion gehörten, halten Einzug in die Wirklichkeit.
Wobei, als ich zum ersten Mal von der Idee des Internets las, hielt ich es für eine kühne Fantasie – und was wäre heute unsere Kommunikation ohne das weltweite Spinnennetz?